5.2 Fachkommission Ökonomie und Markt

In der Fachkommission Ökonomie und Markt werden über alle Produktbereiche hinweg Fragen von Wirtschaftlichkeit, Vermarktung und Weiterverarbeitung der UFOP-Kulturen behandelt. Darüber hinaus werden neue agrar- und energiepolitische Rahmenbedingungen beraten, die Einfluss auf den Sektor der Öl- und Eiweißpflanzen haben.

Die UFOP-Fachkommission unter dem Vorsitz von Dieter Hagedorn tagte im Berichtszeitraum im Oktober 2024 und im April 2025 jeweils in Berlin. Die Themen der Sitzungen waren geprägt von umfangreichen Veränderungen der Rahmenbedingungen für die Öl- und Eiweißpflanzen, von der Entwicklung der internationalen Agrarmärkte über die Biokraftstoffpolitik als weiter wichtigster Absatzmarkt für heimische Ölsaaten bis hin zu Ansätzen zur Entwicklung zukünftiger Geschäftsfelder im Bereich des Carbon Farmings.

UFOP-Geschäftsführer Stephan Arens blickte im April 2025 auf die Ergebnisse und Folgen der zurückliegenden Landtagswahlen zurück, die Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Bundesrates haben, gefolgt von einem Überblick über die Ergebnisse der Bundestagswahl im Februar 2025. Aus den Ergebnissen der Verhandlungsgruppen von CDU/CSU und SPD versuchte er einen Ausblick auf mögliche Inhalte des Koalitionsvertrages zu geben.

Auf europäischer Ebene wurde in den ersten Monaten 2025 über die von Agrarkommissar Christophe Hansen vorgestellte „Vision für die Landwirtschaft“ diskutiert, die vom Berufsstand grundsätzlich positiv bewertet wurde. Vor allem der beabsichtigte Kurswechsel in der GAP – weg von Auflagen bis ins kleinste Detail hin zu einer Politik der Anreize – wurde begrüßt. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Vision in den Vorschlägen zur GAP nach 2027 und im Entwurf zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2028 – 2034 wiederfindet.

 

 

Herr Arens hob hervor, dass im Bereich Pflanzenschutz anerkannt werde, dass in der Vergangenheit viele Wirkstoffe vom Markt genommen wurden mit der Folge substanzieller Ernteeinbußen. Kommissar Hansen kündigte ein Gegensteuern an: Pflanzenschutzmittel sollten nicht länger vom Markt genommen werden, ohne Alternativen anzubieten. Dieses Umdenken ist auch in den Gesprächen von Copa-Cogeca mit der GD AGRI spürbar. Diese sei bereit, eine aktivere Rolle gegenüber der GD SANTE einzunehmen. Denkbar seien eine Reform der Zulassungs-VO 1107/2009 oder eine Übergangsregelung bei der Wirkstoff-Überprüfung.

Wichtige Impulse für die zukünftige Entwicklung des Anbaus von Öl- und Eiweißpflanzen lieferte der Vortrag von Prof. Dr. Uwe Latacz-Lohmann, Universität Kiel („Erfolgsorientierte Agrarprämie“ eine Möglichkeit, die Landwirtschaft auf die Anforderungen des 21. Jahrhunderts auszurichten). In dem von ihm entwickelten Modell können Landwirte aus einem Katalog von Maßnahmen die für die betriebliche Situation passenden Elemente auswählen. Anschließend erfolgt eine Faktorenberechnung, die darüber Auskunft gibt, ob die Ziele erreicht wurden. Erst dann erfolgt die Auszahlung von Geldern.

Er sieht viele Vorteile dieses Modells gegenüber der aktuellen GAP. Sie sei weniger komplex, hole die Landwirte als Unternehmer ab und richte die Bezahlung an „Ergebnissen“ aus, was eine höhere Effektivität der Zielerreichung mit sich bringe. Darüber hinaus erlaube es eine bessere Kommunikation in Richtung Gesellschaft und könne flexibel an sich ändernde Politikziele angepasst werden. Außerdem liefere das Modell eine gute Grundlage für die im Strategischen Dialog zur Zukunft der EU-Landwirtschaft geforderte Einführung eines EU-weit einheitlichen Benchmarking-Systems zur Bewertung der Nachhaltigkeit von Landwirtschaft und Lebensmittelsystemen.

Großen Raum nahmen die Rahmenbedingungen im Biokraftstoffbereich ein als wichtiger Absatzweg für Ölsaaten aus Deutschland und Europa. Mehrere Vorträge lieferten eine gute Basis für eine intensive Diskussion der Fachkommissionsmitglieder. Dr. Claus Keller, S& P Global, nahm eine globale Bestandsaufnahme vor, bei der die Umsetzung der RED III, die neue US-Regierung und die Dynamik in Brasilien im Vordergrund standen. Daraus leitete er mögliche Auswirkungen auf Produktion und Verbrauch von Biokraftstoffen ab. Dieter Bockey, UFOP, lieferte einen komprimierten Überblick über die nationale und europäische Biokraftstoffpolitik. Er informierte auch über den aktuellen Stand der unter Betrugsverdacht stehenden Biodieselimporte aus China. Diese Importe wirken sich durch die Verdrängung physischer Mengen zur Erfüllung der THG-Verpflichtung negativ auf die gesamte Biodiesel- und Agrarbranche aus. Sie gefährden auch das grundsätzliche Vertrauen von Öffentlichkeit und Politik in die Nachhaltigkeitszertifizierung bei Biokraftstoffen. Zu den weiteren Entwicklungen wird auf Kapitel 3 Biodiesel und Co. verwiesen.

 

Michael Carus, Nova-Institut, beschäftigte sich in seinem Vortrag intensiv mit der Frage, wie sich die jüngsten energie- und verkehrspolitischen Entscheidungen der EU auf die Verfügbarkeit nachhaltiger Biomasse für die chemische Industrie bis 2050 auswirken werden. Um die Nachfrage nach Bio- und synthetischen Kraftstoffen für den Straßen-, Luft- und Seeverkehr einschätzen zu können, entwickelte er drei Szenarien für die globale und europäische Kraftstoffnachfrage für 2020 und 2050.

Einige Erkenntnisse sind:

·       Die Nachfrage nach Biomasse wird aufgrund der Vorschriften für den Transportsektor in Europa deutlich steigen.

·       Bestehende Vorschriften lenken biobasierte Abfall- und Reststoffe in die Bereiche Luft- und Schifffahrt; Nahrungs- und Futtermittelpflanzen werden dort keine Verwendung finden.

·       Hersteller von Chemikalien und Kunststoffen befürchten aufgrund der Notwendigkeit der Defossilisierung des Kohlenstoffs in den Produkten, dass der Einsatz von Lebensmittel- und Futtermittelrohstoffen auch hier begrenzt werden könnte.

·       Die Studie zeigt aber auch vielfältige Synergien zwischen der Produktion von Kraftstoffen für den Transportsektor und der Nutzung von Materialien, die als Nebenprodukt anfallen und als Plattformchemikalien genutzt werden können.

·       Weitere Aspekte sind die Wettbewerbsfähigkeit der verschiedenen Verwendungsbereiche, die letztlich um einen begrenzten Umfang an Rohstoffen (Anbau und Abfall) konkurrieren.

Die Mitglieder der Fachkommission waren sich einig, dass die Ergebnisse der Studie einen hervorragenden Input für die Politikberatung liefern.

In der Sitzung im Oktober 2024 befasste sich die Fachkommission mit der Frage, ob angesichts des durch den Klimawandel steigenden Ernterisikos der Abschluss einer Mehrgefahrenversicherung (MGV) notwendig sei. Thomas Gehrke, Vorstand Vereinigte Hagelversicherung, nahm dazu eine Bestandsaufnahme vor und stellte den Standpunkt der Versicherungswirtschaft vor. Praktisch alle Produktionsrichtungen (Ackerbau, Wein, Hopfen, Gemüse…) seien versicherbar; bei Ölfrüchten sind dies Schäden durch Frost, Starkregen, Sturm und Hagel (> 5 mm). Im Falle von Schäden durch Dürre wird die Entschädigung entsprechend der Ertragsminderung auf Basis des Ertragsniveaus im Landkreis ermittelt und im Falle von Starkregen entsprechend der örtlichen Niederschlagssumme. Von aktuell 1,1 Mio. ha Rapsfläche waren 2024 ca. 0,65 Mio. ha versichert.

Herr Gehrke erläutert die langjährig gewachsene Erfahrung des Unternehmens in der Schadensregulierung, die stetige Qualifizierung, Schulungen, Beteiligung an Forschungsprojekten und Umsetzung eigener Versuche bis hin zur Nutzung von Drohnen für die großflächige Schadensbeurteilung bzw. -regulierung, die Nutzung von Wetterdaten und deren Bereitstellung in einer App für schlaggenaue Wetterinformationen. Differenziert nach Kulturarten werden die Versicherungsbeiträge von den Bundesländern unterschiedlich stark bezuschusst. Infolge der Zunahme von Wetterextremen seien bezahlbare und zielgerichtete Versicherungslösungen zur Existenzsicherung nötig, verbunden mit dem Ziel, gleiche Wettbewerbsbedingungen innerhalb der EU herzustellen.

Dr. Christian Sponagel, Fachgebiet landw. Betriebslehre, Uni Hohenheim, stellte die Ergebnisse einer Studie im Auftrag iva vor: „Klimaschutzmaßnahmen und ökologische Bewertung exemplarischer technischer Adaptionsmaßnahmen sowie Innovationen im konventionellen Ackerbau Deutschlands“. Den Anstoß zu dieser Studie habe die Klimaschutzgesetzgebung und die damit verbundenen Zielvorgaben für Deutschland bzw. für die sektorale Verpflichtung (Landwirtschaft) gegeben. Zur Erfüllung bedarf es der Nutzung technischer Innovationen und Adaptionsmaßnahmen, um schließlich in der gesamten Wertschöpfungskette (CarbonFootPrint - CFP) einen Beitrag zur THG-Minderung zu leisten. Forschungsziel war es daher entsprechende Adaptionsmaßnahmen zu identifizieren und deren möglichen effektiven Beitrag zur THG-Minderung zu quantifizieren.

Aus den Ergebnissen wurden Handlungsempfehlungen an die Politik abgeleitet, z.B. die Förderung des Einsatzes von Nitrifikationshemmern. Die Zulassung von NGT muss auch aus Sicht des Klimaschutzes gefördert werden sowie insbesondere die Verwendung von grünem Ammonium aufgrund des großen und sektorübergreifenden (NH3 als alternativer Schiffskraftstoff) THG-Minderungspotenzials im konventionellen Ackerbau. Für die Optimierung der N-Düngermenge müssten digitale Technologien gefördert und unter Berücksichtigung dieser Ergebnisse der weitere F & E-Bedarf im Ackerbau ermittelt werden