Die Sitzung fand am 24. Juni 2025 in Berlin in einem um Vertreter der Biokraftstoffbranche erweiterten Teilnehmerkreis statt. Denn beraten wurde nicht nur der kurz vorher veröffentlichte Gesetzentwurf des BMUKN zur Änderung der THG-Quotenverpflichtung, sondern vorgestellt wurde auch das Projektvorhaben „CO2-Bepreisung und -Minderungskosten – THG-Minderungsoptionen im Vergleich“ . Ebenso von verbandsübergreifendem Interesse war die Diskussion über die Herausforderungen zur strategischen Ausrichtung der Öffentlichkeitsarbeit bei Biokraftstoffen. Stephan Arens, UFOP, führte mit einer Analyse über die Ergebnisse der Bundestagswahl und den Konsequenzen für die Regierungsbildung sowie zu den Änderungen der Ressortzuständigkeiten in die Sitzung ein.
Beratung aktueller gesetzlicher Regelungsentwürfe
Intensiv diskutiert wurden die anschließenden Vorträge von Frank Bonaldo, Referatsleiter Mineralölwirtschaft und Kraftstoffe, Krisenvorsorge, BMWE, zum Stand der Novellierung der EU-Energiesteuerrichtlinie und von Karin Naumann, DBFZ, zu den Eckpunkten des Gesetzesentwurfs zur Änderung der THG-Quotenverpflichtung. Herr Bonaldo betonte die nach wie vor bestehenden Meinungsunterschiede im Finanzministerrat. Aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips sei nicht mit einer zügigen Beschlussfassung zu rechnen und damit auch nicht mit einer nationalen Umsetzung vor 2028. Er gab zu bedenken, dass die im Vergleich zum fossilen Kraftstoff niedrigeren Mindeststeuersätze ohne beihilferechtliche Genehmigung der Kommission, aber auch höher als diese Vorgabe national festgelegt werden können; hierzu seien die Mitgliedsstaaten ermächtigt. Im Ergebnis sind in der EU unterschiedliche Steuersätze zu erwarten, die möglicherweise auch das Marktgeschehen mitbestimmen können. Karin Naumann, DBFZ, erläuterte die wichtigsten Regelungsgegenstände des Entwurfs zur Änderung der THG-Quotenverpflichtung, mit der die novellierten Erneuerbare Energien-Richtlinie (2023/2413 - RED III) in nationales Recht umgesetzt werden soll. Diese betreffen insbesondere die schrittweise Anhebung der THG-Quotenverpflichtung über 2030 hinaus bis auf 53 % im Jahr 2040. Kritisch diskutiert wurde die zu geringe Anhebung in 2027 und in den Folgejahren, um den bestehenden THG-Quotenüberschuss zu kompensieren (s. auch Kapitel 3.1). Befürchtet werden ein anhaltender Druck auf die THG-Quotenpreise und eine Verdrängung physischer Ware zur Erfüllung der THG-Quotenverpflichtung. Ausdrücklich begrüßt wurde die Streichung der Doppelanrechnung von Biokraftstoffen aus Reststoffen und Abfällen gemäß Anhang IX Teil A der RED II als wesentliche Ursache für die bekannt gewordenen Betrugsfälle. Neben Palmöl soll auch Sojaöl nicht mehr als Rohstoff aus Anbaubiomasse zugelassen sein. Kritisiert wurde die vorgesehene Absenkung der Kappungsgrenze für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse von aktuell 4,4% auf 3% ab 2030.
Frau Naumann stellte anschließend mit Verweis auf die ab 2027 in der EU vorgesehene Einführung der CO2-Bepreisung gemäß ETS2 und der zuvor vorgestellten differenzierten Steuersätze für Biokraftstoffe ein von UFOP initiiertes Projektvorhaben vor: „Treibhausgasvermeidungskosten im Verkehr für Kunden und Verbraucher“. Das Vorhaben zielt darauf ab, rohstoff- und verarbeitungsspezifische THG-Minderungen sowie klima- und energiepolitische Preiskomponenten transparent und einheitlich zu quantifizieren. Die UFOP beabsichtigt mit dieser Projektidee einen entsprechenden „Impuls“ in Richtung der Biokraftstoff-Wertschöpfungskette zu setzen für eine vorausschauende Wettbewerbs- und Marktbewertung sowie für eine Einordnung der Perspektive der heute und zukünftig am Markt angebotenen Biokraftstoffoptionen.
Neue Biokraftstoffoptionen
Aktuell erscheint Solketal am Markt, ein Produkt aus Glycerin, das bei der Biodieselproduktion anfällt und eine zusätzliche Wertschöpfung ermöglicht, wenn in einer Biodieselanlage rohstoff- oder verfahrenstechnisch kein Glycerin in Pharmaqualität hergestellt werden kann. Julian Türck, Tecosol GmbH, zeigte diese Hintergründe auf, um dann die Optionen für die Erhöhung des Beimischungsanteils von Biokraftstoffen (Biodiesel/HVO) in Dieselkraftstoff vorzustellen. Er kündigte an, dass das inzwischen weltweit patentierte Produkt in absehbarer Zeit in großen Mengen zur Verfügung stehen werde. Denn Solketal ermöglicht bei einem Beimischungsanteil von 10 % die Beimischung von 10 % Biodiesel und bis zu 55 % HVO, sodass der biogene Anteil bis zur 75 % betragen kann, ohne die physikalischen Parameter der Kraftstoffnorm EN 590 für Dieselkraftstoff zu verletzen. Das Mischprodukt kann demzufolge als Dieselkraftstoff deklariert angeboten werden. Nachfolgend stellte Dr. Jens Schaak, Deutsche Lufthansa AG, die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Luftfahrt infolge der Umsetzung der RED III und der ReFuel-Aviation-Richtlinie vor und betonte neben dem Bedarf an Bio-Kerosin auch das globale und von Unsicherheiten geprägte Versorgungsmanagement eines internationalen Luftfahrtunternehmens. Diese sind instabile Lieferketten, volatile Preise und insbesondere die Herausforderung der Bereitstellung erforderlicher Mengen an Biokerosin (SAF) bzw. zukünftig synthetisch hergestelltem Kerosin (e-fuel) gemäß den gesetzlich vorgegeben Beimischungsverpflichtungen. Ein Hochfahren entsprechender Produktionskapazitäten sei jetzt dringend geboten, um Strafzahlungen zu vermeiden, forderte Dr. Schaak.
Biokraftstoffe in der Landwirtschaft
Dr. Edgar Remmele, TFZ, leitete mit seinem Vortrag in den Themenschwerpunkt der Akzeptanz und Öffentlichkeitsarbeit in der praktischen Anwendung und öffentlichen Wahrnehmung von Biokraftstoffen über. Erläutert wurden die Gremienarbeit und Netzwerkstruktur zur Entwicklung des KTBL-Maßnahmenkatalogs sowie die Einordung der technischen Optionen zum Einsatz von Biokraftstoffen in der Landwirtschaft. Es folgte die Vorstellung des vom BMLEH geförderten Projektvorhabens „TrAkzeptanz“ mit dem Ziel der Steigerung des praktischen Einsatzes alternativer Antriebstechnologien. Dr. Remmele betonte den umfassenden Ansatz zur Entwicklung einer umfassenden Kommunikationsstrategie. Daniel Reinhart und Prof. Dr. Josef Löffl, TH OWL, Lemgo stellten in ihrem Tandemvortrag das Thema „Biokraftstoffe in der Krise – Maßnahmen und Empfehlungen zur Verbesserung der öffentlichen Akzeptanz“ in den Mittelpunkt. Erläutert wurden Grundlagen zum Medienwissen und hier insbesondere das sogenannte „strategische Framing“ bzw. „Reframing“ bei abnehmender „Lesebereitschaft“. Die Aufnahmefähigkeit durch Medienkonsum hat heute „Grenzen“ erreicht. Prof. Löffl betonte die Notwendigkeit der „ständigen Beobachtung“, um festzustellen, ob die Themen vermittelbar im Sinne der „Anschlussfähigkeit“ sind. Die Fachkommissionsmitglieder waren sich einig, dass die Themen Kommunikation und Maßnahmenentwicklung weiter diskutiert werden müssen.
Fazit
Die Fachkommission befasste sich mit Vorschlägen zur Änderung der THG-Quotenverpflichtung, zur CO₂-Bepreisung und mit neuen Biokraftstoffoptionen wie Solketal. Kritisch diskutiert wurden die vorhandenen THG-Quotenüberschüsse und die geplante Absenkung der Kappungsgrenze für Biokraftstoffe aus Anbaubiomasse. Ziel der Fachkommissionsarbeit ist die transparente Bewertung von THG-Minderungen und Marktoptionen. Zudem wurde die Bedeutung strategischer Öffentlichkeitsarbeit zur Akzeptanzsteigerung betont.